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Keine Stadt für King Kong
Wie an einem seelischen Flussufer lebt man in Graz am Rand eines leicht und unendlich hinströmenden Seufzens. Hier strahlen die Dinge erst auf, bevor sie geschehen. Ein genusstiefes Seufzen ist auch der Blick in die Landschaft. Das Aufatmen beginnt in der Ebene im Süden der Stadt. Eine von Dunst helle Weite verliert sich über der […]
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Ein schwarzer, eiserner Auslandsgrazer
Mein Großvater war Eisenbahner in Bruck an der Mur, und nachdem meine Eltern in Graz in einer Siedlung im Vorfeld des Schlosses St. Martin ein Haus gebaut hatten, kam er jedes Wochenende zu Besuch, natürlich mit dem Zug. Das letzte Stück vom Hauptbahnhof bis nach Webling fuhr er mit dem Roten Blitz auf der Strecke […]
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Friedrich Schmiedl und die Grazer Raketen
Das Suchen hat sich im Netz inzwischen zur zentralen Funktion entwickelt, aber es gibt auch eine bemerkenswerte Art, Dinge zu finden, die man gar nicht gesucht hat. Das Englische kennt ein Wort dafür: Serendipity – eine Anspielung auf das persische Märchen The Three Princes of Serendip (Serendip ist eine alte persische Bezeichnung für Ceylon, das […]
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Die patriotische Nacht
Es war am letzten Tag des Jahres, in dem Richard Nixon zurückgetreten war, Muhammad Ali George Foreman K.O. geschlagen und in Graz die erste internationale Fachtagung zur Erforschung der Blasmusik stattgefunden hatte. Die Nummer 1 in der österreichischen Hitparade war „Sing My Song“ von Waterloo & Robinson, von Freunden damals liebevoll Wasserklo & Drahtbürschtl genannt. […]
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Die mittelgroße Stadt Graz
„Das Laster der Kleinstadt ist der Klatsch, das Laster der Großstadt Gleichgültigkeit.“ – Tom Wolfe Auf den ersten Blick scheint es einen Magnetismus zu geben, der Kunst im Großraum von Metropolen konzentriert. Einen Rest an Kunst schleudern die dazugehörigen urbanen Abstoßungskräfte hinaus in abseitige Landstriche. Die Kraftfelder der Kunst erscheinen angeordnet wie in Atomen. In den […]
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Keiner baut solche Berge
Wir leben in einer Zeit, in der man verlorengehen kann vor lauter Gegenwart. Aus allen Teilen des Planeten werden Information und Nachricht in endlosen Mehrzahlen auf uns zugeschwemmt. Von einem ganz bestimmten Ort herzukommen, ich nehme einmal die Stadt Graz, gibt uns nicht nur eine selbstverständliche Richtung nach Längen- und Breitengraden, sondern auch eine Richtung […]
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Ich will da nicht hinauf
Was machen zwei Grazer, alte Freunde, die tausend Kilometer von einander entfernt in Europa leben, wenn sie sich lange nicht mehr gesehen haben? Sie treffen sich in Peking. Also, das war so. Erst rief eine Frau mit einem sonderbaren Namen an, ich dachte sofort an eine Internet-Betrugsmasche. Aber was sich für mich wie ein ausgedachter […]
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Die wahren Wappen des Landes
Nähme man dem Österreicher – vor allem aber dem Auslandsösterreicher – ein paar ganz bestimmte Sachen weg, hätte das zur Folge, dass der Österreicher nur noch wenig Österreicher wäre, vielleicht gar kein Österreicher mehr. Er wäre dann ent-österreichert, ein unbestimmtes, wesenloses Individuum, letztendlich neutralisiert. Diese ganz bestimmten, wie ich sie nennen will: austrolegendären Sachen, sind […]
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Die Schöne vor dem Süden
Ich hör gern das Graz wies wächst (Oskar Pastior) Jede Stadt, die eine sein will, hat einen erhöhten Ort, von dem aus man sie überschauen kann. So kennen wir aus Filmen den Blick von den Parkbuchten am Mulholland Drive aus über das nächtlich leuchtende Straßenraster von Los Angeles. Oder Wien, Weltstadt einer versunkenen Welt, das […]
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Information Superheimweh – Teil II: Als die Unterhosen ans Internet gingen
Der große Vorteil von E-Mails ist ihre Leichtigkeit, der Nachteil die dadurch begünstigte Schlamperei; die Möglichkeit, schlampig zu sein wiederum macht das neue Kommunikationsmittel für Grazer interessant. J.C.R. Licklider, einer der Väter des Internet, sah darin ebenfalls einen Vorteil: „Man kann eine Nachricht schnell und unperfekt schreiben, auch an jemanden, der älter oder höhergestellt ist […]
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Information Superheimweh – Teil I: Vier Freunde im globalen Dorf
Meine am weitesten zurückreichende Erinnerung an Reinhard ist, dass er mir eine reinhauen wollte und ich auf eine Pappel neben dem Pfarrheim in Don Bosco flüchte. Wir waren damals bei den Pfadfindern, Gruppe G 10 – „Allzeit bereit”. Mit dem Pfadfindergruß unterschreiben wir noch heute manchmal unsere E-Mails. E-Mail hat unserer Freundschaft eine neue, wunderbare […]
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Das Problem mit der Tüte
„Die Gräzer sind ein gutes, geselliges, jovialisches Völkchen; sie sprechen im Durchschnitt etwas besser Deutsch als die Wiener.“ (Johann Gottfried Seume, Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802) „Kann es sein, dass es das Wort ,Streichholzbriefchen‘ in Österreich nicht gibt?“, schrieb ich der Literaturredakteurin im Studio Steiermark auf eine Anmerkung hin, die sie zu einer Geschichte von […]
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Wie schmeckt Herkunft?
Wie schmeckt das, wo ich herkomme? Wie schmeckt zu Hause, wenn man sich nicht einfach mit der Aufzählung von ein paar Lieblingsspeisen zufriedengeben will? Besonders deutlich wird einem das, wenn man nicht mehr zu Hause lebt. Es heißt, dass Einwanderer eher die Sprache ihres Herkunftslandes vergessen als die Küche. Erst die Fremde lehrt uns, was […]