Grazoutside

Mit Begeisterung ist alles möglich

An der Universität von Kalifornien in San Diego ist der aus Graz stammende Mediziner Martin Hoenigl äußerst erfolgreich in der Forschung und Lehre tätig. Die an der Pazifikküste liegende Stadt San Diego hat er mit seiner Familie mittlerweile liebgewonnen.

 

Ein Forschungsprojekt über späte HIV-Diagnosen, für das er das Max Kade Stipendium erhielt, führte ihn nach Amerika. © KK

Ein Forschungsprojekt über späte HIV-Diagnosen, für das er das Max Kade Stipendium erhielt, führte ihn nach Amerika. © KK

 

Wie ergab es sich, dass Sie sich nach Ihrem Medizinstudium für die Forschung entschieden und was gefällt Ihnen besonders daran?

Martin Hoenigl: Hier muss ich etwas ausholen. Nach meinem Studium war ich zuerst für gute 5 Jahre klinisch an der Medizinischen Universität Graz im Bereich Infektiologie und Pulmonologie tätig. Nach meiner Habilitation an der Medizinischen Universität Graz im Jahr 2012 konnte ich Ende 2013 eine Qualifizierungsvereinbarung für eine Assistenzprofessur mit der Medizinischen Universität Graz abschließen, welche einen einjährigen Auslandsaufenthalt beinhaltete. Dieser Auslandsaufenthalt hat sich dann durch meine Forschungsprojekte und Erfolge jedoch verlängert. Insgesamt hat sich dieser Weg damit für mich ergeben. Sowohl die Forschung als auch die Lehre sind Teile meines Berufes, die mich definitiv erfüllen, aber natürlich geht mir die klinische Tätigkeit auch ab. Insgesamt ist es halt sehr schwierig bis unmöglich, Klinik, Forschung und Lehre auf top internationalem Niveau zu betreiben. Die Forschung ist dann das erste, was oft leidet und vernachlässigt wird. Diesen Einschnitt wollte ich nicht machen.

 

Sie forschen und lehren an der renommierten Universität von Kalifornien in San Diego. War es immer Ihr großer Traum, in Amerika zu studieren und später dort beruflich tätig zu sein?

Hoenigl: Studiert habe ich in Graz. Eigentlich war es nie mein primärer Traum nach Amerika zu gehen, da ich mich in Graz immer sehr wohlfühlte. Dennoch ist mir im Rahmen meiner Forschung in Graz schnell bewusst geworden, dass viele Universitäten in den USA in einer höheren Forschungsliga spielen und es daher dort fantastische Möglichkeiten gibt, meine Forschungstätigkeit und Karriere weiter zu entwickeln. So bin ich in San Diego gelandet, welches ich kennen und lieben gelernt habe, und rückblickend war dieser Schritt auch im Hinblick auf meine Karriere sicher der richtige.

 

Was können Sie jungen Menschen raten, die in der Wissenschaft / Forschung tätig sein möchten?

Hoenigl: Essenziell ist die Begeisterung für die Forschung. Nur wenn man sich diese bewahren kann, kann man es schaffen. Aller Anfang ist schwierig, voller Rückschläge. Nicht aufgeben, an sich glauben und weiter hart arbeiten und sich verbessern ist die einzige Lösung. Und vor allem nicht die Begeisterung verlieren.

 

Wobei können Sie bei Ihrem fordernden Beruf in der Freizeit Energie tanken?

Hoenigl: Meiner Familie, Reisen (vor COVID), Wandern, Skifahren und dem Ozean.

 

Sport als ein Ausgleich zum fordernden Beruf. © KK

Sport als ein Ausgleich zum Beruf. © KK

 

Wie würden Sie sich in drei Sätzen beschreiben?

Hoenigl: Authentisch, motiviert und getrieben von dem Streben nach Perfektion mit hohen Erwartungen an mich selbst und auch an andere, sowohl im Beruf als auch im Familienalltag und der Freizeit. Ein harter Arbeiter, den nicht erledigte, offene Dinge keine Ruhe lassen; jemand, der Dinge abschließen möchte. Ein Netzwerker, der viel unter einen Hut bringt und dem Leben die schöne Seite abgewinnen kann.

 

Was möchten Sie Ihren Kindern mitgeben?

Hoenigl: Hart arbeiten für das, was sie begeistert, Selbstvertrauen und Durchhaltevermögen. Wenn sie etwas machen – ob Sport oder Schule oder Kunst – dann mit Herzblut und voller Motivation. Wenn etwas schiefläuft, nicht jammern und die Schuld bei anderen suchen, sondern sich aufraffen, daraus lernen und es das nächste Mal besser machen. Im Leben ist alles möglich, solange man sich die Begeisterung erhält, seine Ziele nicht aus den Augen verliert und jeden Tag weiter Schritt für Schritt daran arbeitet.

 

Was bedeutet für Sie der Begriff „Heimat“?

Hoenigl: Familie, Erinnerungen, Freunde, die Berge. Als Wahl-Südsteirer auch der Steirische Weißwein und natürlich die wunderschöne Weingegend mit ihren Buschenschänken und Wanderungen.

 

San Diego ist die achtgrößte Stadt der USA und liegt im Südwesten von Kalifornien nahe der Grenze zu Mexiko. © KK

San Diego ist die achtgrößte Stadt der USA und liegt im Südwesten von Kalifornien nahe der Grenze zu Mexiko. © KK

 

Was schätzen Sie an Amerika am meisten und was vermissen Sie manchmal an Österreich?

Hoenigl: Das Streben nach Kreativität und Effektivität, und das Selbstvertrauen, Herausforderungen anzunehmen, in Österreich wird insgesamt viel zu viel gejammert. Die Eigenschaft und das Selbstbewusstsein „low key“ zu sein und am Boden zu bleiben, egal wie erfolgreich man beruflich ist. In San Diego treffen sich am Abend CEOs mit Obdachlosen und Beachbums am Strand zum Surfen, da verschwimmen soziale Unterschiede; die Tatsache, dass man in einem großen See schwimmt und daher weniger Energie dafür verwendet, die Fische, die unmittelbar neben einem schwimmen, auszubremsen. In Österreich, einem verhältnismäßig kleinen Teich, geht oft zu viel Energie dahingehend verloren andere auszubremsen, die besser dafür verwendet werden könnte, gemeinsam Großes zu erreichen.

 

San Diego wird aufgrund seines milden Klimas oft als „America’s Finest City“ bezeichnet. Was ist das besonders Sehenswerte an dieser Stadt, wenn man sie erkunden möchte?

Hoenigl: Die Strände, die Wellen, der Pazifik als Naturparadies voller Delphine, Pelikane, Wale, Fische und auch Stachelrochen. Das Essen: frisches mexikanisches Essen mit kalifornischem Einfluss oder einen richtigen Burger mit viel Fleisch und wenig Gewürzgeschmack. Die Biervielfalt und insbesondere die India Pale Ales: In San Diego gibt es über 150 Brauereien, ein Paradies für Bierliebhaber. Last but not least die State Parks und National Parks in der Umgebung sowie, wenn man mal Abwechslung will, die nahen Berge: Torrey Pines, Anza Borrego, Joshua Tree und Laguna Mountains.

 

 

Kurzbiographie:
Geboren in Graz absolvierte Martin Hoenigl das Medizinstudium an der Medizinischen Universität Graz, wo er seine Klinische Tätigkeit im Jahr 2009 begann und 2011 die Auszeichnung „Forscher des Jahres“ erhielt. Nach seiner Habilitation an der Medizinischen Universität Graz führte ihn ein Forschungsprojekt über späte HIV-Diagnosen an das „Anti Viral Research Center“ der Universität von Kalifornien in San Diego. Dieser Auslandsaufenthalt verlängerte sich durch weitere Forschungsprojekte und Erfolge. Martin Hoenigl ist als Professor für Forschung und Lehre an der Abteilung für Infektionskrankheiten (Schwerpunkte Klinische Myologie und HIV-Infektionen) der Universität von Kalifornien in San Diego sowie als Lehrender an der Abteilung für Infektionskrankheiten und der Abteilung für Pulmonologie der Medizinischen Universität Graz tätig (über 185 publizierte Veröffentlichungen). Er lebt mit seiner Frau Katharina und den beiden gemeinsamen Kindern in San Diego.

Andrea Harrich