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Togo – ein vielfältiges Land in Westafrika

Die gebürtige Grazerin Laura Pelzmann ist als Projektmanagerin für Frankophones Afrika bei der GIZ (Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit) tätig und verbrachte die letzten 2,5 Jahre in Togo. Dieser westafrikanische Staat, am Golf von Guinea gelegen, besticht durch Gastfreundschaft, Kultur und Natur. Im Süden des Landes findet man eine Küste mit langen Sandstränden vor, im Landesinneren grüne Täler und Hügel und im Norden eine weite Savanne. Derzeit leben ca. 7,8 Millionen Menschen in diesem kleinen Staat, über 60% von ihnen sind unter 25 Jahre alt.

 

In der Provinz Kara sind die Berge von besonderer Schönheit. An diesem malerischen Felsen führt die Straße in Richtung Norden des Landes vorbei. © Gerhard Pelzmann

In der Provinz Kara sind die Berge von besonderer Schönheit. An diesem malerischen Felsen führt die Straße in Richtung Norden des Landes vorbei. © Gerhard Pelzmann

 

Sie sind in einem sehr spannenden Arbeitsbereich tätig. Gab es in Ihrer Kindheit / Jugend ein Schlüsselerlebnis, dass Sie Ihr Herz für die Entwicklungsarbeit entdeckt haben oder ist diese Entscheidung allmählich in Ihnen gereift?

Laura Pelzmann: Als Kind habe ich sehr viel gelesen und habe dadurch schon Eindrücke von anderen Welten und anderen Realitäten bekommen. Dies hat sich in meiner Jugend durch starkes Fernweh ausgedrückt. Mit 18 bin ich dann fürs Studium nach Dänemark gezogen und mir ist klargeworden, dass es viel zu viele Orte gibt, um immer am selben zu leben. Die Entscheidung zur Entwicklungsarbeit war aber eher zufällig. Ich hatte die Möglichkeit für meine Masterthese einige Wochen in den Palästinensischen Gebieten zu reisen und zu forschen und danach war für mich klar, dass ich in der Entwicklungszusammenarbeit eine sehr sinnbringende Zukunft sehe. Nach Abschluss meines Masters bin ich für drei Monate nach Togo gegangen … und 2,5 Jahre geblieben. Die Entscheidung für dieses Tätigkeitsfeld war vielleicht nicht von Anfang an geplant, fühlt sich aber richtig an.

 

Sie haben in Wien und Sønderborg (Dänemark) studiert und absolvieren derzeit den „Master of Arts in Refugee Protection and Forced Migration Studies“ an der Universität von London. Welche Länder bereisten Sie im Zuge Ihrer Ausbildung und können Sie uns ein paar Eindrücke davon schildern?

Pelzmann: Belgien, Brasilien, Bulgarien, Israel und die Palästinensischen Gebiete, Polen, Schweiz, Ukraine, Vietnam sowie sieben Länder am Balkan. Ich hatte das Glück an zwei Universitäten mit einer Vielzahl an Angeboten für Studienreisen zu studieren und dadurch Einblicke in Politik, Kultur und Gesellschaft anderer Länder zu erlangen.

In Vietnam habe ich an einem Kulturaustausch teilgenommen und stand irgendwann bei 38° schwitzend in meinem Dirndl und habe mit jedem einzelnen Studierenden der Partneruniversität Fotos gemacht. Die Fotos sind nicht unbedingt schön geworden, aber das Interesse an einer anderen Kultur geht aus jedem einzelnen hervor. Ich denke, die Förderung von Neugierde an anderen Ländern, anderen Kulturen war mitunter der wichtigste Aspekt der verschiedenen Studienreisen. Ob in Vietnam oder in der Ukraine, ich bin immer mit offenen Armen empfangen worden. Ich würde mir wünschen, dass auch Menschen, die nach Österreich reisen, derartig positiv aufgenommen werden.

 

Der französische Außenminister Robert Schumann hat bereits Anfang der 50er Jahre gewusst, dass die Entwicklung des afrikanischen Kontinents die wichtigste europäische Aufgabe sein würde. Heute, Jahrzehnte später, ist sie noch immer nicht erfüllt. Sie haben die letzten 2,5 Jahre beruflich in Togo verbracht. Erzählen Sie uns bitte von diesem westafrikanischen Land.

Pelzmann: Togo war für mich völlig unbekanntes Terrain. Bevor ich in den Flieger nach Lomé gestiegen bin, wusste ich gerade mal den Namen der Hauptstadt und alles, was ich aus den spärlichen Informationen aus meinem Reiseführer zusammengeschrieben hatte. Die erste Begrüßung war eine Wand aus Luftfeuchtigkeit, die mir direkt entgegenschlug. Die ersten Wochen waren sehr intensiv, aber nach und nach habe ich mich eingewöhnt und konnte auch beginnen Stadt, Land und Leute besser kennen zu lernen.

 

Togo ist ein tropisches, regenabhängiges Agrarland. © KK

Togo ist ein tropisches, regenabhängiges Agrarland. © KK

 

Zwei Highlights in den ersten Monaten waren auf jeden Fall Ausflüge nach Kpalimé, wo ich mit Freunden im Regenwald Wanderungen gemacht habe sowie meine Suche nach Stoffen und einer lokalen Schneiderin.

 

Kpalimé ist ein Ort etwa zwei Stunden nördlich von Lomé, den wir immer mit öffentlichen Taxis („Taxi brousse“) erreicht haben. Sechs Erwachsene und zusätzlich noch einige Kinder haben immerhin Platz in diesen Taxis, die einen mal mehr, mal weniger rasant für einen geringen Preis an den Zielort bringen. In Kpalimé selbst haben wir, anders als in Österreich, mit lokalen Guides die Umgebung unsicher gemacht. Wir haben kurze Spaziergänge bis lange Wanderungen im Regenwald und in der Hochebene gemacht und dabei die lokale Flora und Fauna (grüne Mambas, wilde Ananas etc.) kennengelernt.

 

Das Klima ist ganzjährig tropisch-feucht. © KK

Das Klima ist ganzjährig tropisch-feucht. © KK

 

Das zweite Highlight betrifft mein in Togo neu gefundenes Hobby. In Afrika gibt es viele bunt gemusterte Stoffe, aus denen Kleidung gefertigt wird. In den ersten Wochen bin ich also nach der Suche nach Stoffen auf den großen, sehr wuseligen Markt in Lomé gegangen und habe nach Stoffen gesucht. Anfangs war ich von den Farben und den Farbkombinationen beinahe überwältigt und habe nur schlichte Stoffe gekauft. Mit diesen Stoffen in der Tasche habe ich mich in meiner Nachbarschaft auf die Suche nach einer Schneiderin gemacht und mit Händen und Füßen versucht zu erklären, was ich denn gerne an Kleidungsstücken hätte. Aus diesem Prozess ist sehr schnell eine Freizeitbeschäftigung geworden mit einer nie endenden Suche nach bunten Stoffen und Überlegungen für Kleidung, Dekoration und Mitbringsel für Freunde und Familie.

 

Lebhaft geht es auf dem Markt zu. © KK

Lebhaft geht es auf dem Markt zu. © KK

 

Was schätzen Sie am meisten an Ihren Erfahrungen in Westafrika?

Pelzmann: Ehrlich gesagt den Kulturschock und die Vielfalt der Eindrücke. Von Tag 1 in Togo war alles anders: Essen, Kleider, Verkehr, Sonnenuntergänge, Stadtbild etc. Ich habe so viele Momente erlebt, die ich mir nicht hätte vorstellen können. Ob es Camping am für mich schönsten Strand der Welt (River No 2 Beach in Sierra Leone) oder Überlandfahrten in überfüllten Minibussen waren, ich hätte vor meinem Aufenthalt in Togo nicht im Traum daran gedacht. Westafrika ist dermaßen vielseitig und (noch) nicht touristisch, dass man immer für neue, teils überraschende Erfahrungen bereit sein sollte.

 

Rund 37 Volksgruppen bilden die kulturelle Vielfalt in Togo, die meisten von ihnen sprechen eine eigene Sprache. Als offizielle Amtssprache gilt Französisch. © KK

Rund 37 Volksgruppen bilden die kulturelle Vielfalt in Togo, die meisten von ihnen sprechen eine eigene Sprache. Als offizielle Amtssprache gilt Französisch. © KK

 

Welche Tipps können Sie jungen Menschen geben, die gerne im Ausland arbeiten möchten?

Pelzmann: Sprachen lernen. Das klingt banal, ist aber tatsächlich der Schlüssel für längerfristige Arbeitsmöglichkeiten im Ausland. Ob Französisch, Arabisch, Russisch oder Mandarin – jede dieser Sprachen eröffnet neue Möglichkeiten. Abgesehen davon ist es nie falsch, sich auf Praktika und Volontariate im Ausland, insbesondere auch an ungewöhnlichen Standorten, einzulassen. Man weiß ja nie, ob darauf nicht das nächste Angebot folgt.

 

Wie oft im Jahr kommen Sie nach Graz?

Pelzmann: Momentan bin ich sehr häufig in Österreich. Ich bin etwa drei- bis viermal pro Jahr in Graz und noch ein-, zweimal in Wien.

 

Gibt es für Sie einen Lieblingsort in der steirischen Landeshauptstadt?

Pelzmann: Da ich oft Freunde mit nach Graz nehme, gehe ich fast bei jedem Heimatbesuch auf den Schloßberg, um mit dem Blick über „meine“ Stadt anzugeben. Ich spaziere auch immer die Herrengasse auf und ab und warte immer noch auf den Tag, an dem ich auf kein bekanntes Gesicht treffe.

 

Wenn Sie im Ausland über Graz sprechen, worüber erzählen Sie?

Pelzmann: Ich erzähle vom Stadtbild und von den Menschen, davon, dass es tolle Kaffeehäuser gibt und dass man eigentlich jeden Tag auf Menschen in Tracht treffen kann.

 

Der Beitrag gibt die persönliche Meinung der / des Interviewten wieder.

 

 

Kurzbiographie:
Geboren in Graz absolvierte Laura Pelzmann den Bachelor of Science in European Studies an der University of Southern Denmark sowie den Master of Advanced International Studies an der Diplomatischen Akademie Wien und der Universität Wien. Seit September 2016 ist sie für die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH tätig – in Lomé, Togo als Juniorfachkraft im Vorhaben „Gute Regierungsführung und Dezentralisierung“ und seit Februar 2019 als Projektmanagerin für Frankophones Afrika in Eschborn, Deutschland. 

 

Andrea Harrich