Grazoutside

„Nichts ist unmöglich im Leben“

Die aus Graz stammende Journalistin Barbara Gasser ist als erste Österreicherin im Vorstand vom „Los Angeles Press Club“ und als erste Steirerin Mitglied der „Hollywood Foreign Press Association“, die auch die Golden Globes verleiht. Während eines Kurzbesuches in der Landeshauptstadt gewährte sie in einem Interview „GrazOutside“ spannende Einblicke in ihr Leben.

Barbara Gasser im Gespräch mit Julianne Moore, © HFPA - Alle Rechte vorbehalten

Barbara Gasser im Gespräch mit der diesjährigen Oscarpreisträgerin Julianne Moore. © HFPA – Alle Rechte vorbehalten

Wie war Ihre Kindheit in Graz?
Barbara Gasser: Wir waren vier Kinder. Unsere Eltern stammen aus einfachen Verhältnissen und es war ihnen sehr wichtig, dass wir eine gute Ausbildung erhalten. Mein Vater war unter anderem als Bühnenarbeiter am Schauspielhaus Graz tätig und so wurde es mir als Kind ermöglicht, Vorstellungen von der Beleuchterloge aus anzusehen. In der Pause konnte ich die Schauspieler ganz aus der Nähe beobachten, wie Fritz Holzer und Peter Uray. Noch heute gehe ich sehr gern und so oft wie möglich ins Theater, in New York habe ich zuletzt am Broadway Bradley Cooper in „The Elephant Man“ gesehen und in London Lindsay Lohan. Es ist schon eine besondere schauspielerische Leistung, auf der Bühne in einer Live-Performance zu bestehen.

Haben Sie noch viele Freunde aus Ihrer Jugendzeit?
Gasser: Ja, und ich treffe sie auch, wenn ich in Graz bin.

Wann und was hat Sie nach Hollywood geführt?
Gasser: Nach meiner Krebserkrankung war es mein größter Wunsch, einmal nach Amerika zu kommen. Ich hatte ein Stipendium an der Columbia University in New York, besuchte meine Schwester Isabella Wiley in Los Angeles und lernte meinen Lebensgefährten kennen, der dort als Bauingenieur tätig war. So zog ich 2003 nach Los Angeles.

War es immer Ihr Traum, in Hollywood zu arbeiten?
Gasser: Ich war zur richtigen Zeit am richtigen Ort und habe die richtigen Leute kennengelernt. Hollywood ist ein hartes Pflaster. Nur Höchst- und Bestleistungen zählen. Eigenes Selbstvertrauen ist genauso wichtig wie Menschen, die hinter einem stehen. Wenn man die ersten Chancen erkennt und nützt, nimmt es eine Eigendynamik an.

Welche Begegnung hat Sie am meisten beeindruckt?
Gasser: Man nimmt von jeder Begegnung etwas anderes mit. Mich beeindrucken Menschen, die keine Angst haben, etwas zu sagen, und solche, die am Boden geblieben sind. Menschen, die Höhen und Tiefen erlebt haben und auch darüber reden, die sich nicht als Opfer sehen, sondern aus ihren Schicksalsschlägen heraus Inspiration für andere werden. Menschen, die sich für andere interessieren und auf andere zugehen.

Barbara Gasser mit Robert Downey Jr., © Kirpi Uimonen-Ballestros

Die renommierte Journalistin ist unter anderem Pressekonferenzleiterin und moderiert Interviews wie hier mit Robert Downey Jr., © Kirpi Uimonen-Ballestros

Welche Interviewpartner stehen auf Ihrer Wunschliste?
Gasser: Günther Brus, der Dalai Lama, die Friedensnobelpreisträgerin Malala Yousafzai, Karl Lagerfeld (noch einmal), Fidel Castro, Mark Zuckerberg, Klaus Maria Brandauer, Gerhard Richter, Placido Domingo, Harry Belafonte.

Wie wird Österreich in Hollywood wahrgenommen – mit Robert Dornhelm, Michael Haneke, Christoph Waltz und Conchita Wurst?
Gasser: In Phasen und Personen bezogen. Dornhelm wird geschätzt. Haneke und Waltz sind Ausnahmeerscheinungen. Christoph Waltz ist mit zwei Oscars und Golden Globes der erfolgreichste österreichische Schauspieler aller Zeiten. Die in Amerika bekanntesten Österreicher sind natürlich Arnold Schwarzenegger und Wolfgang Puck, ohne den es kein Gourmetrestaurant geben würde. Mit Conchita Wurst wird Österreich derzeit als tolerant gesehen. Es geht darum, sein Talent richtig zu nützen und den amerikanischen Gegebenheiten anzupassen.

Barbara Gasser und Angelina Jolie, © HFPA - Alle Rechte vorbehalten

Barbara Gasser mit Angelina Jolie, © HFPA – Alle Rechte vorbehalten

Angelina Jolie und Brad Pitt besuchten vor einigen Jahren die Albertina in Wien. Wird die österreichische Kunst in Hollywood wahrgenommen?
Gasser: Angelina Jolie und Brad Pitt haben ein Faible für österreichischen Jugendstil. Bei meinem letzten Gespräch mit Angelina Jolie kurz vor Weihnachten hat sie aber in höchsten Tönen vom österreichischen Kameramann Christian Berger geschwärmt (der für Angelina Jolies Regiearbeit „By the Sea“ hinter der Kamera stand und ansonsten für Michael Haneke arbeitet). Viele Künstler interessieren sich für Österreich und die Kultur- und Kunstszene. Wes Anderson lieferte mit „The Grand Hotel Budapest“ seine ganz persönliche Hommage an Stefan Zweig. Woody Allen möchte unbedingt in Österreich drehen und Helen Mirren, die in „Woman in Gold“ Maria Altmann verkörpert (der das Klimt-Gemälde „Adele Bloch-Bauer I“ restituiert wurde) schwärmt seit ihren Dreharbeiten über die vielen Kunstschätze in Wien. Architekt Rudolph Schindler und Fotograf Julius Shulman sind wiederum in den USA weit bedeutender als in Österreich.

Gibt es einen Lieblingsplatz in der steirischen Landeshauptstadt, an den Sie immer wieder gerne zurückkehren?
Gasser: Früher, vor 30 Jahren, war es der Franziskanerplatz, als es dort noch keine Lokale gab. Heute schätze ich in der Innenstadt Innenhöfe und Innenräume von Kirchen, wo man die Stille findet und in sich ruhen kann.

Empfinden Sie Graz als Ihre Heimat oder Los Angeles?
Gasser: Für mich bedeuten meine Umgebung und Freunde Heimat, unabhängig davon, wo ich mich befinde. Ich habe nie Heimweh empfunden – auch nicht in meiner Kindheit, wenn ich im Sommer für drei Wochen auf Ferienlager war. Wichtig ist mir, mich in meiner Wohnung wohlzufühlen und mit kleinen Andenken hole ich mir die Heimat nach Hause wie einem Aquarell von der Burgruine Gösting aus dem Jahr 1953. Heimatliches findet sich auch stets in meiner Küche, Kernöl, steirisches Verhackert und Bröslkäse fehlen nie.

Barbara Gasser mit Regiegröße Steven Spielberg, © HFPA - Alle Rechte vorbehalten

Barbara Gasser mit Regiegröße Steven Spielberg, © HFPA – Alle Rechte vorbehalten

Sie haben eine sehr beeindruckende Karriere in Hollywood gemacht. Gibt es gewisse Ziele in Ihrem Leben?
Gasser: Glücklich leben und Glück mit anderen teilen. So sehr Glamour und Glitter Teil meines beruflichen Alltags sind, so zieht sich die (unfreiwillige) Auseinandersetzung mit dem Tod wie ein roter Faden durch mein Leben. Der bewusste Umgang mit dem Tod lehrt, dass alles vergänglich ist und man nur ein Leben hat. Man darf nur nie aufgeben. Es ist auch nichts im Leben unmöglich. Und je mehr man im Leben gibt, desto mehr kommt zurück – in vielen schönen Varianten.

Barbara Gasser exklusiv bei den Dreharbeiten von "Downton Abbey", hier mit Laura Carmichael. © HFPA - Alle Rechte vorbehalten

Im Februar 2015 durfte erstmals eine Handvoll JournalistInnen – unter ihnen Barbara Gasser – den Dreharbeiten von „Downton Abbey“ auf Highclere Castle bei London beiwohnen. Im Bild Barbara Gasser mit Laura Carmichael alias „Lady Edith“. © HFPA – Alle Rechte vorbehalten

Text: Andrea Harrich